Matthäus fasst die schärfste Lehre Jesu in den Kapiteln 5-7 zusammen, die oft als Bergpredigt bezeichnet wird. Er beginnt mit seiner Vision für das menschliche Leben im Himmelreich (Matthäus 5,1-12). Es ist ein auf den Kopf gestelltes Königreich, in dem die Gedemütigten und Bedrängten Ehre finden und nie wieder schlecht behandelt werden. Es ist eine Welt, in der die größte Macht die Liebe ist, nicht Reichtum oder Stärke. Es ist ein Reich, in dem die Wege Gottes und die Wege der Menschen vereint werden.
Jesus sagt, das Leben in Gottes Königreich besteht darin, die eigene Liebe zu anderen zu vervollständigen (oder auszufüllen). Indem sie Gott und ihren Nächsten lieben, schließen sich ganz normale Menschen wie du und ich Gott bei der Errichtung seines Königreiches an (z. B. Matthäus 22,37-40; Johannes 13,34-35; Johannes 17,20-26). Durch ihre Liebe laden Menschen, die nach dem Vorbild Jesu leben, alle anderen ein, in seine Welt einzutreten, in der sich Himmel und Erde vereinen (vgl. Matthäus 5,14-16; vgl. Jesaja 2).
Zum Beispiel scheint das Gebot „Du sollst nicht töten“ oberflächlich betrachtet machbar zu sein – töte einfach keine Menschen. Aber Jesus weist darauf hin, dass dies nicht das eigentliche Ziel des Gesetzes ist. Ja, es ging darum, der menschlichen Gewalt ein Ende zu setzen. Noch mehr ging es aber darum, die Menschen zu einer Haltung und zu Wegen der Liebe zueinander zu führen.
Wenn wir Mord vermeiden, erfüllen wir das Gesetz nur teilweise. Wenn wir lieben, erfüllen wir es ganz.
Der neutestamentliche Theologe R.T. France sagt, dass es in den Lehren Jesu nicht so sehr um das negative Ziel der Vermeidung von Unrecht geht, sondern mehr um das positive Ziel, zu entdecken und zu befolgen, was wirklich der Wille Gottes für sein Volk ist. (1) Der Apostel Paulus versteht die Lehren Jesu in gleicher Weise. „Achtet darauf, dass niemand von euch Böses mit Bösem vergilt!“, schreibt er, „Bemüht euch vielmehr bei jeder Gelegenheit, einander und allen anderen Gutes zu tun!“ (1. Thessalonicher 5,15).
Für sich allein gelesen, losgelöst von der gesamten biblischen Geschichte, wird das biblische Gesetz oft falsch interpretiert. Das führt zu religiös anmutenden Verhaltensweisen, die immer noch Raum für anhaltende Verachtung und Hass in unseren Herzen lassen. Aber Jesus und die Apostel sagen, dass diese Gebote zusammen mit dem Rest der hebräischen Bibel Anweisungen sind, die die Liebe der Menschen zueinander wiederherstellen (z. B. Matthäus 5,17-19; Matthäus 7,12; Matthäus 22,37-40; Galater 5,14; Römer 13,8-10; Jakobus 2,8).
Auf diese Weise erfüllt die Liebe das Gesetz und die Propheten aus.
Die zwei größten Gebote
„Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch für sie! Das ist es, was das Gesetz und die Propheten fordern.“, sagt Jesus (Matthäus 7,12). Am Ende des Matthäus-Evangeliums sagt Jesus außerdem: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen lieben, mit deiner ganzen Seele und deinem ganzen Verstand! Das ist das erste und wichtigste Gebot. Das zweite ist ebenso wichtig: ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!‘ Mit diesen beiden Geboten ist alles gesagt, was das Gesetz und die Propheten wollen.“ (Matthäus 22,37).
Vom ersten Garten in Eden bis zu der Zeit der Propheten und darüber hinaus hat Gott nicht nur Vorfreude auf die Ankunft Jesu geschaffen, sondern auch daran gearbeitet, die Menschheit zu einem Volk zu formen, das wie Christus leben und lieben will. Er ist der von Gott verheißene Mensch, der der ganzen Menschheit und der ganzen Schöpfung neue Heilung bringt (vgl. Jesaja 50,4; Jesaja 54,13; Jeremia 31,33-34; Hesekiel 36,26-28; Johannes 12,32; 2.Korinther 5,19).
Den Weg der Liebe Jesu zu lernen und zu praktizieren bedeutet, darauf zu vertrauen, dass Gott seine seit langem gegebenen Verheißungen zur Wiedervereinigung von Himmel und Erde wahr macht. Es ist ein Leben, das alles erfüllt, was Gott durch das Gesetz und die Propheten tut.