Chaos-Monster

Ungeheuer, Drachen, Schlangen, oh je! Moment mal! Monster in der Bibel? Ja, ganz genau!

Ungeheuer, Drachen, Schlangen, oh je!

 

Moment mal! Monster in der Bibel? Ja, ganz genau!

In seinem Buch „Into the Woods” vertritt John Yorke die Ansicht, dass jede Geschichte im Grunde genommen wie der Film Jaws (auf Deutsch: Der weiße Hai) ist. Denk mal darüber nach. Ein gefährliches Monster bedroht eine Gemeinschaft, bis ein Mensch sich auf den Weg macht, um das Monster zu töten und den Frieden in der Gemeinschaft wiederherzustellen. Kommt dir das auch bekannt vor? Es ist die Handlung hunderter Hollywood-Blockbuster. Und es ist auch eine der Haupthandlungen in der Bibel.

Hast du dich jemals gefragt, warum so viele von Gottes Feinden mit einer schlangenähnlichen Sprache beschrieben werden? Oder was es mit den Anspielungen auf Ungeheuer auf sich hat (denk mal an Hiobs Leviatan, den Drachen in der Offenbarung oder die Tiere aus dem Meer in Daniel)? Oder warum es eine Schlange war, die die ersten Menschen in 1.Mose 3 in Versuchung führte? Oder auch, was Paulus meinte, als er sagte, dass unser wahrer Kampf nicht mit Fleisch und Blut, sondern mit den geistlichen Mächten des Bösen im himmlischen Reich geführt wird (Epheser 6,12)?

Vielleicht ist dir auch schon einmal aufgefallen, dass nicht alle Geistwesen in der Bibel zu „den Guten“ gehören. Die Bibel verwendet alle möglichen Bilder, um über die geistlichen Mächte des Bösen zu sprechen: Schlangen, Drachen, Seeungeheuer und andere Kreaturen des Chaos. Letztlich offenbart die Handlung den schlangen-niederschmetternden Retter, Jesus, der kommt, um den Monstern und ihrem Einfluss in der Welt ein Ende zu setzen.

Wenn das für dich überraschend kommt, bist du damit nicht allein! Die Bibel ist, wie alle bedeutende Literatur, subtil. Aber mit all diesen Monsterbildern wird etwas gesagt, das wir unbedingt verstehen müssen. Diese Sprache offenbart eine wichtige, aber verborgene Dimension dessen, was in der biblischen Geschichte wirklich „hinter den Kulissen“ vor sich geht. Und sie zeichnet ein noch größeres Bild von dem, was Jesus vorhatte – eines, das er den Menschen immer wieder vor Augen führen wollte.

Stell dir den Himmel vor. Was siehst du? Wolken? Ein perlenbesetztes Tor? Goldene Mauern? Versuch dir mal eine mystische, geistliche Stadt vorzustellen, von der einige Menschen glauben, dass sie nach ihrem Tod dort hinkommen werden. Okay. Und jetzt vergiss das alles. Denn die biblischen Autoren hatten etwas ganz anderes im Sinn.

 

Lerne die Monster kennen

 

Diese Monster erscheinen bereits auf der ersten Seite der Bibel in der epischen Schöpfungserzählung. In 1. Mose 1,21 heißt es, dass Gott am fünften Tag „die großen Meeresbewohner schuf“. Das bedeutet mehr als nur: „Gott schuf Wale und andere große Fische“. Denn das Wort, das mit „große Meerestiere“ übersetzt wird, ist tannin, was „Drache“, „Schlange“ oder „Seeungeheuer“ bedeuten kann. Das Wort hat in der gesamten Bibel die Bedeutung von Bösem und Chaos.

Warum geht der Autor mit diesem Meeresungeheuer so unbekümmert um? Um das zu verstehen, müssen wir uns daran erinnern, dass jede Kultur Geschichten und Mythen hat, die das Selbst- und Weltbild dieser Kultur prägen. An diesem Punkt der Geschichte wäre eine gute Frage: „Welche Geschichten haben Israels Nachbarn über das Schöpfungsereignis erzählt?“

Babylon war einer der mächtigsten Nachbarn Israels in der Antike, und jeder gute Babylonier wusste, dass die Welt erschaffen wurde, als der oberste babylonische Gott, Marduk, gegen ein uraltes Meeresungeheuer, Tiamat, kämpfte. Dem Mythos nach tötete Marduk Tiamat und benutzte den Körper des Ungeheuers, um den Himmel und die Erde zu erschaffen. Ein ziemlich gewalttätiger Anfang.

Im ersten Buch Mose geht jedoch etwas ganz anderes vor sich. Indem das Buch die chaotischen Meeresungeheuer als Gottes Schöpfung darstellt, sehen wir, dass Gott selbst über die dunkelsten Mächte vollständige Autorität und Herrschaft besitzt.

Aber wenn Gott die Ungeheuer des Bösen und des Chaos so sehr unterwirft, warum gibt es dann so viel Böses in der Welt?

Gute Frage. Auf Seite drei der Bibel zeichnet sich darauf eine Antwort ab.

In 1. Mose 3 wird uns eine neue Figur vorgestellt, die Schlange (nachasch). Was wissen wir über diese Schlange? Erstens: Sie bedeutet Ärger. Denn sie ist eine Kreatur, die Gottes gute, geordnete Welt stören will – ein Chaosmonster. Die Schlange ist die erste Verkörperung des Bösen und der Unabhängigkeit von Gott in der Bibel. Seitdem verwenden die Autoren die Bilder der Schlange und des Drachens, wenn sie über das Böse sprechen wollen. Zweitens: Die Chaos-Mission der Schlange selbst reicht nicht aus; sie versucht auch, andere zu überreden, sich ihr anzuschließen. Die ersten Menschen gehen in ihre Falle und es entsteht ein Muster: geistliche Rebellion hinter menschlicher Rebellion; geistliche Mächte hinter irdischem Bösen.

Doch Gott verspricht, dass die Menschheit zwar von der Schlange unterdrückt wird, aber eines Tages ein Retter kommen wird, der die Schlange zertritt und Gottes Volk befreit (1. Mose 3,15). Trotz dieser Rebellion herrscht Gott immer noch über seine Schöpfung und ist stets bestrebt, ihr Frieden und Gerechtigkeit zu bringen.

Nach nur drei Seiten der Bibel sind wir schon beim Hauptkonflikt der biblischen Geschichte angelangt. Unheil entsteht immer dann, wenn Menschen, die als Partner ihres Schöpfers die Schöpfung regieren sollen, sich stattdessen der Rebellion des Monsters anschließen. Wie wird Gott das Ungeheuer denn schließlich besiegen – wie er es versprochen hat? Lasst uns den Rest der Bibel erkunden, um das herauszufinden.

 

Gottes Macht über das umherstreifende Monster im Alten Testament

 

In der Bibel werden überall Monsterbilder verwendet, um Gottes Macht über das Böse darzustellen und die geistlichen Kräfte des Bösen zu beschreiben, die das Böse im Menschen anstiften und anregen. Hier sind ein paar wichtige Beispiele:

 

Der Stab des Mose

 

In den ersten Kapiteln des 2. Buchs Mose wird der Weg für eine Konfrontation zwischen Gottes Volk und dem bösen Reich Ägypten bereitet. Gott beauftragt Mose, mit ihm zusammenzuarbeiten, aber Mose bekommt kalte Füße. Er fragt, was er tun soll, wenn die Menschen ihm nicht glauben. Gott gibt ihm ein wundersames Zeichen, einen Stab, der sich verwandelt, um zu zeigen, dass Gott mit ihm ist. In was verwandelt Gott den Stab? In ein Schwert? Ein Zepter? In einen Blitz? Nein. Der Stab wird zu einer Schlange, und wenn Mose ihn berührt, wird er wieder zu einem Stab.

Dies ist ein subtiler Hinweis darauf, dass die Konfrontation zwischen Mose und dem Pharao nicht nur auf irdischer Ebene stattfindet. Es sind geistliche Kontrahenten beteiligt. Gott befreit sein Volk aus der Sklaverei der Ägypter, aber er rettet es auch vor der Macht der Schlange – dieser uralten Kraft des Bösen.

 

Der Leviathan in den Psalmen

 

In den Psalmen finden sich gelegentlich seltsame Hinweise darauf, dass Gott Meeresungeheuer besiegt. In Psalm 74 heißt es zum Beispiel:

„Mit deiner Macht hast du das Meer geteilt, zerschmettert die Köpfe der Seeungeheuer. Dem Leviathan hast du die Köpfe zerschlagen… (V. 13-14).

Erinnert euch daran, wo wir angefangen haben? Jede Geschichte ist wie die Handlung von „Der weiße Hai“? In diesen Psalmen ist Gott der Held, der gegen das Ungeheuer aus dem Meer kämpft und das Wasser teilt, um einen Raum für Ordnung und Leben zu schaffen (auch hier finden wir wieder ein Anspiel auf 1. Mose 1).

 

Das Gericht über den Drachen

 

Die Propheten führen dieses Bild noch weiter. Wenn Jesaja die Israeliten daran erinnern will, dass Gott genug Macht hat, um sie vor ihren Feinden zu schützen, welches Bild wählt er dann? Das eines Meeresungeheuers. Jesaja schreibt,

„Warst du es nicht, der das Seeungeheuer zerhieb, der das Ungetüm im Meer erstach? (Jesaja 51,9)

Hesekiel benutzt die gleiche Symbolik in einer etwas anderen Weise, wenn er sagt:

„Ich werde gegen dich vorgehen, Pharao, König von Ägypten, du großes Ungeheuer, das mitten in seinem Strom lauert.“ (Hesekiel 29,3)

Hesekiel beschimpft den Pharao hier nicht einfach; der Begriff Ungeheuer ist beabsichtigt. Er stellt eine Verbindung her zwischen den irdischen Königreichen und den bösen Mächten, die sich gegen Gottes Reich auflehnen. Hinter dem irdischen Thron des Pharaos steht eine dunkle Macht, genau das Monster, das in all diesen Bildern beschrieben wird.

Das Alte Testament schildert also gewaltige geistliche Mächte des Bösen und Gottes ständige Konfrontation mit diesem Bösen. Aber es scheint nicht so, als ob wir zu einer Lösung des Konflikts aus 1. Mose 1-3 gekommen sind.

 

Jesus tritt dem Satan entgegen

 

In seinem Dienst führt Jesus die Absicht Gottes weiter, das Böse zu besiegen. Hier kommen wir endlich zu dem Punkt im Film, an dem der Held es auf sich nimmt, das Monster zu töten. Wie wird Jesus, unser Held, diese Aufgabe angehen?

Zunächst nimmt er die Realität unserer zerrütteten Welt wahr, indem er dieselbe Bildsprache des Alten Testaments verwendet, um von einer bösen Kreatur zu sprechen, die sich hinter den Kulissen des Alltagsgeschehens herumtreibt. Doch anstatt von Seeungeheuern oder Drachen zu sprechen, verwendet er einen anderen, weniger bekannten Titel aus den hebräischen Schriften: den Satan.

Heute denken wir oft an „Satan“ als einen Eigennamen, aber eigentlich ist es eine Beschreibung. Es bedeutet „der Widersacher“.

Der Satan greift Jesus gleich zu Beginn seines Dienstes an. Direkt nach seiner Taufe, erfüllt vom Heiligen Geist, geht Jesus in die Wüste, um sich seinem Feind zu stellen. Hier finden wir die Versuchung durch die Schlange in 1. Mose 3 noch einmal, aber mit einem ganz anderen Ergebnis. Der Satan versucht Jesus, die ihm zustehende Macht an sich zu reißen, indem er wie die ersten Menschen nach Unabhängigkeit strebt. Es ist, als würde der Versucher sagen: „Es gibt einen anderen Weg als Gottes Weg“. Jesus zitiert aus dem Buch Deuteronomium und gibt die Antwort, die Adam und Eva hätten geben sollen: „Es gibt nur den Weg Gottes.“

An diesem Punkt der Geschichte hat der Kampf gerade erst begonnen. Der Widersacher Jesu taucht immer wieder in den Evangelien auf. Die Worte Jesu über ihn zeigen, dass er den Satan für eine reale Person hielt, nicht nur für ein Symbol des Bösen. Jesus beschreibt, wie der Satan verlangte, Petrus „zu haben“, um ihn „wie Weizen zu sieben“ (Lukas 22,31). Er sagte auch, dass er den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen sah (Lukas 10,18). In einem Gleichnis sagte Jesus, dass manchmal, wenn die Menschen seine Worte hören, der Satan daherkommt und sich einmischt, so dass seine Worte keine Wurzeln schlagen (Markus 4,15). In einer dramatischen Auseinandersetzung mit Jesu Gegnern sagt er ihnen, sie seien „Kinder des Teufels, der von Anfang an ein Mörder war“ (Johannes 8,44). Seinen Worten entsprechend heben sie Steine auf und versuchen, ihn zu töten. Die Schreiber der Evangelien berichten sogar von der Beteiligung des Satans an Jesu Tod. Kurz bevor Jesus verraten wird, geht der Satan „in Judas hinein“, der dann hinauseilt, um genau die Leute zu sammeln, die Jesus töten sollen.

Aber dann geschieht etwas Unerwartetes. Auf dem Höhepunkt des Geschehens wird Jesus von den Handlangern des Monsters getötet. Doch indem er stirbt, tötet er das Monster. N. T. Wright drückt es folgendermaßen aus: „Der gewaltsame Tod des Lammes hat den entscheidenden Sieg über die Ungeheuer und ihre schrecklichen Reiche und über den alten Drachen, den Satan selbst, errungen.“

Indem er den Sohn Gottes tötet, verursacht der Satan seine eigene Vernichtung. Gottes Volk entkommt, und die Macht des Ungeheuers ist gebrochen, weil der schlangenzermalmende Messias selbst zermalmt und gebrochen wird. Der Schreiber des Hebräerbriefs erklärt diese seltsame Befreiung, wenn er sagt, dass Jesus Fleisch angenommen hat, damit er „durch seinen Tod die Macht des Teufels brechen“ konnte, „Macht über den Tod hatte“ und so die befreien konnte, „die ihr Leben lang Sklaven ihrer Angst vor dem Tod waren.“ (Hebräer 2,14-15). Seine Auferstehung drei Tage später zeigt, dass der Tod Jesu wirklich ein Sieg war, denn nun ist der Schlangenbrecher zum König geworden (Epheser 1,20).

 

Das Ende des Drachens

 

Moment mal! Wenn Jesus das Monster besiegt hat, als er starb und wieder auferweckt wurde, warum gibt es dann noch so viel Böses in der Welt?

Vielleicht ist das genau die Frage, die sich die Menschen zu der Zeit stellten, als Johannes das Buch der Offenbarung schrieb. Schließlich waren seit der Auferstehung Jesu Jahrzehnte vergangen, und seine Anhänger wurden von Feinden auf allen Seiten verfolgt. In der Offenbarung gibt Johannes eine Antwort auf diese Frage und einen Grund zur Hoffnung inmitten des Bösen des Monsters. Die Offenbarung ist im apokalyptischen Stil verfasst, einer Art der antiken Literatur, die eine Collage von Symbolen verwendet, um Zusammenhänge zu vermitteln. Da so viele ihrer Ideen in Bildern ausgedrückt werden, kann das Buch schwer zu verstehen sein. Dennoch kann die Offenbarung auch ungewöhnlich lebendige Darstellungen und geheimnisvolle Einblicke in das geben, was im Himmelreich wirklich vor sich geht. Und ihre Botschaft über das letztliche Schicksal des monströsen Feindes, des großen Bösewichts der Bibel, ist eine hoffnungsvolle Botschaft.

In der Offenbarung ist das Ungeheuer nicht eine kriechende Schlange, sondern ein mächtiger Drache.

Der Drache beginnt seine Rebellion gegen Gott und wird auf die Erde geworfen, um seinen Krieg gegen Gottes Volk fortzusetzen. Eine laute Stimme aus dem Himmel verkündet, dass der Widersacher zwar „Tag und Nacht [Gottes Volk] anklagt“, dass sie ihn aber „durch das Blut des Lammes besiegt haben“ (Offenbarung 12,11). Weil Jesus das Ungeheuer besiegt hat, ist sein Volk nun ein Sieger.

Obwohl der Kampf zwar weitergeht, ist sein Ende absolut sicher. Auf dem Höhepunkt des Buches der Offenbarung hat Johannes eine Vision vom Schicksal des Ungeheuers, wenn der „Drachen, die uralte Schlange, die auch Teufel oder Satan genannt wird“, gebunden und für immer aus der neuen Schöpfung verbannt wird (Offenbarung 20,1-3).

Original von Andy Patton
Übersetzung von Eva Dittmann

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